Am 17.11.2022 fand die Auftaktveranstaltung zu den Perspektiven der “Baustoff- und Materialbörse Kassel“ im Science Park statt, moderiert von Herrn Markus Leick. Insgesamt 80 Teilnehmer wurden von Stadtbaurat Christof Nolda freudig begrüßt, verfolgten die Impulsvorträge von Frau Ute Dechantsreiter, Herrn Dirk Röth, Herrn Hans Weishaar und Herrn Jens Steuber aufmerksam und sorgten mit Ihren Anregungen und Fragen für eine lebendige Diskussion.
„Kreisläufe im Bauwesen funktionieren nur, wenn ALLE umdenken und mitmachen“ resümierte Frau Dechantsreiter in Ihrem Vortrag, welcher umfangreich am Beispiel der Bauteilbörse Bremen die Veranstaltung einleitete. Dass Sie für die Stad Kassel hieraus auch Aufforderungen ableitete, folgte dieser Logik: Zerstörungsfreier Rückbau sollte von Seiten der Kommune vorgeschrieben werden und Anstrengungen und vor allem Mittel bereitgestellt werden, welche die Aufbauphase der Bauteilbörse und die entstehenden Arbeitsplätze langfristig absichern werden, um ständige Personalfluktuation zu vermeiden.
Hinter dieser Idee stand auch Jens Steuber. Mit der Erfahrung aus seiner langjährigen Tätigkeit im GaLaMa-Projekt der Stadt Kassel, sah er und die Materialverteilung Kassel die Zukunft einer Bauteilbörse als „Ort der Begegnung und Wertschätzung für einen respektvollen Umgang mit Mensch und Material“, als einen lebendiger Ort der sozialen und ökologischen Verteilungskultur. Hier können z.B. auch Werkstätten, Repair-Cafés und andere Veranstaltungen stattfinden.
Dass mit dem Sammeln von wiederverwendbaren Bauteilen der erzielbare Klimaschutz-Effekt noch nicht wirkt, bekräftigte Herr Weishaar nochmals: dazu bedarf es „einer veränderten Planungskultur, welche nur mit den notwendigen digitalen Werkzeugen erfolgreich umsetzbar sein kann – wie Gebäude- und Materialpässen, klaren Rückbaukonzepten und einen digitalen Marktplatz als beplanbaren Bauteilpool“. Daher wird ein Arbeitsschwerpunkt die digitale Bauteilerfassung für die kommenden Monate sein, um frühzeitig Abriss- und Rückbauobjekte zu erfassen und Bauteile und -materialien für eine Wiederverwendung in einen praxistauglichen Vermittlungsprozess zu integrieren. „Effektiver Klimaschutz gelingt nur durch regionale Kreisläufe“, um mit minimiertem Transportaufwand Bauteile von Bauvorhaben A zu Bauvorhaben B zu vermitteln. Nur dadurch können die Einsparpotentiale und CO2-Emissionen massiv reduziert werden.
Wird im Rahmen der Erstellung des Rückbaukonzeptes keine Wiederverwendung möglich, liegt „der Schlüssel zur besseren Verwertung in der Qualität des Rückbaus – hier muss bereits sortenrein getrennt werden“, konstatiert Herr Röth. Die Verantwortung für den Rückbau sollte bei einem „Abfallkoordinator“ liegen. Die Novelle der Gewerbeabfallverordnung und die Einführung der Ersatzbaustoffverordnung, welche ab August 2023, rechtswirksam werden „sind potenziell sinnvoll, bergen jedoch bei schlechter Umsetzung die Gefahr, dass am Ende weniger Baustoffe recycelt werden.“
Weitere Zwischenergebnisse und Ideen aus den folgenden Gesprächsgruppen (World-Café) waren:
- Einführung einer Abgabe im Sinne einer CO²-Steuer, wenn bei Neubau keine wiederverwendeten Bauteile eingebaut werden
- Sofern Bauteile rechtlich als Abfall einsortiert werden, sind emissionsschutzrechtliche Genehmigungen für die Bauteilbörse notwendig – dies sollte vermieden werden
- Baustoffbörse könnte zweiteilig angelegt sein: Eine kleinere Börse für Privatpersonen und eine größere für gewerbliche Interessenten
- Es ist ein Kulturwandel bei Planungsprozessen notwendig: Planungen für Neubauten sollten sich an in der Region vorhandenen Materialien orientieren
- Baustoffbörse darf nicht als Müllabladeplatz missbraucht werden
Wir danken an dieser Stelle den Tischmoderatoren Ute Dechantsreiter, Prof. David Laner, Dirk Röth, Saskia Spohr-Frey, Jens Steuber, Hans Weishaar.
Für die rege Beteiligung und konstruktiven Gespräche möchten wir uns als Veranstalteter nochmals herzlich bedanken: Stadt Kassel, das Innovationsnetzwerk Ressourceneffizientes Bauen Nordhessen (InRessBau) und die Materialverteilung Kassel e.V.
Dreisäulen-Modell
Zielsetzung ist in einem Drei-Säulen-Modell den kompletten Wiederverwendungs- und Verwertungsprozess abzubilden:
1. Bauteilbörse als sozialer Einzelhandelsplatz (B2C) | re-use 1
2. Bauteil- und Baustoffbörse als (digitaler) Großhandelsplatz (B2B) | re-use 2
3. Materialverwertung und Ersatzbaustoffe (B2B) | re-cycling
Fahrplan
Zusammen mit der Stadt Kassel werden die beteiligten Akteure eine Steuerungsgruppe bilden, um diesen Prozess weiter zu begleiten und zu entwickeln.
Kontaktaufnahme für Interessierte
Falls Sie zur Auftaktveranstaltung nicht teilnehmen konnten, aber großes Interesse am Themenfeld und der konkreten Mitgestaltung zum Aufbau der “Baustoff- und Materialbörse Kassel” haben, möchten wir Sie hiermit willkommen heißen. Dafür können Sie uns gern in der folgenden Umfrage unterstützen, indem Sie uns Ihre Wünsche und Ihre Meinung reflektieren, sich über Ihre Möglichkeiten zur Mitarbeit äußern oder mitteilen, dass Sie zum weiteren Geschehen informiert werden wollen.